#17 So archivieren Sie digitale Unterlagen
Verwaltungsbehörden sind zur Archivierung wichtiger Unterlagen gehalten und verpflichtet. Als besonders komplex und herausfordernd stellt sich die Langzeitarchivierung von digitalen Unterlagen dar. Was gilt es dabei zu beachten? Wo gibt es Hilfsmittel? Ein Beitrag von Timur Acemoglu.
Timur Acemoglu ist Rechtsanwalt und berät öffentliche Gemeinwesen in Fragen des E-Government-Rechts.
Grundlagen
Unterlagen, die Informationen enthalten, welche von administrativer, juristischer oder gesellschaftlicher Bedeutung sind, sollen und müssen archiviert werden. Der Begriff der Unterlagen umfasst dabei alle aufgezeichneten Informationen, unabhängig vom Informationsträger, welche bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben empfangen oder erstellt worden sind, einschliesslich Hilfsmittel und ergänzende Daten, die für das Verständnis dieser Informationen notwendig sind. Behörden des Bundes und der Kantone sind verpflichtet, archivwürdige Unterlagen, welche nicht mehr aktiv benötigt werden, dem entsprechenden Archiv anzubieten.
Auf Stufe Bund bildet das Bundesgesetz über die Archivierung (BGA, SR 152.1) die Rechtsgrundlage für die Archivierung von Unterlagen des Bundes und der mit Bundesaufgaben betrauten weiteren Personen des öffentlichen und privaten Rechts. Entsprechend der Organisationsautonomie der Kantone in Bezug auf ihre Verwaltungstätigkeit (Art. 47 BV) haben die Kantone jeweils auch das kantonale Archivwesen autonom geregelt.
Grundlegende Anforderungen an ein Archiv
Um seine Aufgabe wahrnehmen zu können, wichtige Informationen für die Nachwelt zu erhalten, muss das Archiv sicherstellen, dass die Integrität der Unterlagen im Archiv gewahrt wird. Konkret bedeutet dies die Gewährleistung von Echtheit und Unversehrtheit der Dokumente. Die Unterlagen dürfen nicht nachträglich abgeändert werden können, ohne dass dies feststellbar wird. Die Unterlagen müssen aber darüber hinaus (auch in Zukunft) verstehbar und nachvollziehbar sein, was bedeutet, dass für das Verständnis notwendige Hilfsmittel und ergänzende Daten ebenfalls archiviert werden müssen. Sicherzustellen ist zudem die Originalgetreue (in Bezug auf Struktur und Erscheinungsbild) und die Authentizität (bezüglich Autorenschaft und Herkunft). Schliesslich sollten die Unterlagen zugänglich sein, also auch in Zukunft les- und nötigenfalls reproduzierbar.
Herausforderungen der digitalen Langzeitarchivierung
Während natürliche und juristische Personen mit einer gesetzlichen Buchführungspflicht ihre Unterlagen nur für eine begrenzte Zeit aufbewahren müssen, erfolgt die Archivierung durch die Staatsarchive und das Bundesarchiv in der Regel für eine unbegrenzte Dauer.
Bei dieser Langzeitarchivierung von digitalen Unterlagen sind besondere Herausforderungen zu überwinden. Während Informationen auf Papier für den menschlichen Betrachter unmittelbar zugänglich sind, zeichnen sich digitale Unterlagen durch eine Trennung von Trägermedium, Bitstrom und Inhalt aus: das Medium selbst, z. B. die Speicherkarte oder Festplatte, lässt keine menschliche Wahrnehmung des Inhalts zu. Der Inhalt wird erst durch eine Umwandlung der auf dem Medium gespeicherten Daten mittels spezifischer Hard- und Software erkennbar.
Entsprechend ist für den Zugang zu den Informationen ein Zusammenspiel von auf die Art der Inhalte abgestimmter Hardware, Software und Organisationsprozessen erforderlich. Damit verbunden ist die Notwendigkeit, die schnelle technische Entwicklung archivseitig nachzuvollziehen, um mit der Vielzahl von Datenformaten und deren Wandel mit der Zeit umgehen zu können.
Besondere Probleme stellen sich bei der elektronischen Signatur: während die zu Grunde liegenden Zertifikate ihre Gültigkeit nach einer bestimmten Zeit (in der Regel 10 Jahre) verlieren, muss die Authentizität und die Integrität auf unbestimmte Zeit gewährleistet werden können.
Die Herausforderungen der digitalen Langzeitarchivierung erfordern somit auf die entsprechenden Archivgüter abgestimmte spezifische Prozesse. Die Erarbeitung und Einhaltung von Standards sowie die Orientierung an bestehenden Best Practices – national und international - ist dabei zentral.
Der Bund, die beteiligten Kantone und Gemeinden sowie das Fürstentum Liechtenstein führen gestützt auf eine Verwaltungsvereinbarung die Koordinationsstelle für die dauerhafte Archivierung elektronischer Unterlagen (KOST). Diese publiziert auf ihrer Webseite neben einem Katalog archivischer Dateiformate, geltender und in Arbeit befindlicher Standards und Richtlinien und einer Vielzahl laufender Projekte auch hilfreiche Tools und Services zur digitalen Archivierung.