#19 Personenregister und Zentrale Referenzdatensysteme
Heute besteht eine weitläufige elektronische Registerlandschaft. Die sich bei der elektronischen Registerführung stellenden Rechtsfragen entsprechen in weiten Zügen den Rechtsfragen in anderen Bereichen des E-Government Rechts. Zusätzlich stellen sich jedoch mit der Stellung und Funktion der Register im Rechtsverkehr und vor allem mit den entsprechenden Rechtsgrundlagen des betreffenden Registers verbundene besondere Rechtsfragen. Welche? Ein Beitrag von Timur Acemoglu.
Timur Acemoglu ist Rechtsanwalt und berät öffentliche Gemeinwesen in Fragen des E-Government-Rechts.
Register sind zentrale Instrumente im Rechtsverkehr: In ihnen werden Daten nach bestimmten Merkmalen systematisch erfasst und dargestellt. Die erfassten Informationen dienen einerseits der Verwaltung und der Justiz zu ihrer Aufgabenerfüllung. Andererseits erfüllen öffentlich einsehbare Register auch eine Publizitätsfunktion: eine rechtliche Situation bezüglich eines Rechtssubjekts oder -objekts (Natürliche Person, Juristische Person, Grundstück, etc.) wird offengelegt.
Personenregister: Harmonisierung erfolgte über Standardisierung
Je nach Thema bzw. Informationen von Interesse werden natürliche Personen in unterschiedlichen Registern erfasst, beispielsweise im Personenstandsregister, im Einwohnerregister oder im Stimmregister. Die entsprechenden Personenregister werden gemäss der Zuständigkeit für die entsprechende Materie durch den Bund, die Kantone oder die Gemeinden geführt. Für die Zwecke der Statistik, aber auch zur Vereinfachung des Meldewesens und des Datenaustauschs zwischen verschiedenen Ämtern, Registern oder föderalen Ebenen, ist eine Harmonisierung der Register erfolgt, und zwar im Bereich der Personenregister über die Standardisierung von Identifikatoren, Merkmalen und Codes sowie durch die Festlegung einheitlicher Merkmalsdefinitionen und Vorgaben für die Registerführung (Qualitätsstandards, Nachführung, Datensicherheit etc.).
Rechtsgrundlage für die Harmonisierung im Bereich der amtlichen Personenregister bildet das Registerharmonisierungsgesetz (RHG, SR 431.02) und die Registerharmonisierungsverordnung (RHV, SR 431.021). Art. 6 RHG gibt die Identifikatoren und Merkmale vor, welche von den Einwohnerregistern mindestens geführt werden müssen (AHV-Nummer, Gebäude- und Wohnungsidentifikator, Name, demographische Daten, etc.). Eine Vielzahl der Kantone haben diesen Artikel in ihren eigenen Rechtsgrundlagen zum Inhalt des Einwohnerregisters direkt referenziert. Als eindeutiger Personenidentifikator wird in den Personenregistern, welche durch das Registerharmonisierungsgesetz geregelt werden (vgl. Art. 2 RHG), die 13-stellige AHV-Nummer geführt. Gesetzliche Grundlage für diese Verwendung bilden Art. 6 Bst. a und Art. 13 Abs. 1 RHG.
Art. 10 Abs. 1 RHG verpflichtet die Kantone zudem zum Erlass der notwendigen Vorschriften, damit im Fall eines Weg- oder Zuzugs von Einwohnerinnen und Einwohnern exakt die von Art. 6 RHG festgelegten Daten zwischen den Einwohnerregistern ausgetauscht werden.
Der Datenaustausch erfolgt über die Kommunikationsplattform Sedex. Diese wird gestützt auf Art. 10 Abs. 3 RHG und Art. 5 ff. RHV für den Bereich der Personenregister durch den Bund zur Verfügung gestellt und ermöglicht einen verschlüsselten Datentransfer zwischen den Teilnehmern. Für den Betrieb und die Weiterentwicklung von Sedex ist das Bundesamt für Statistik (BFS) zuständig.
Gut zu wissen
Am 11. November 2024 geht das neue Personenstandsregister «Infostar New Generation» in Betrieb, welches es unter anderem möglich machen wird, in den Personenregistern alle Sonderzeichen europäischer Staaten zu führen und damit in den amtlichen Dokumenten auch wiederzugeben.
Zentralisierte Referenzdatensysteme auf Stufen Kantone und Bund
Mittels zentralisierten Referenzdatensystemen soll die Qualität und Verfügbarkeit von Daten, welche die öffentlichen Verwaltungen für Ihre Aufgaben benötigen, verbessert werden. Es handelt sich dabei um Systeme zur zentralen Verwaltung und Abfrage von in bestehenden Registern geführten (Personen-)Daten. Solche zentralen Systeme machen es möglich, den Datenbezug bzw. -austausch zwischen Verwaltungsstellen systematisch und einheitlich zu führen und auch rechtlich einheitlich zu regeln, einschliesslich klarer Regeln für die Datenhoheit, die Berechtigungen und den Datenschutz. Als Anschauungsbeispiel kann das Kantonale Bezugssystem (Pilotprojekt) des Kantons Freiburg beigezogen werden. Der Kanton Bern hat gar mit dem Gesetz über die zentralen Personendatensammlungen ein umfassendes «Personendatenmanagementgesetz» geschaffen.
Auf Stufe Bund soll mit dem Gesetzgebungsprojekt für ein Adressdienstgesetz (Bundesgesetz über das nationale System zur Abfrage von Adressen natürlicher Personen) ein zentraler Nationaler Adressdienst (NAD) errichtet werden, mit welchem öffentliche Verwaltungen von Bund, Kantonen und Gemeinden sowie berechtigte Personen Adressen von Einwohnerinnen und Einwohnern abfragen können. Grundlage bilden die Daten, welche dem Bundesamt für Statistik gestützt auf das Registerharmonisierungsgesetz regelmässig mitgeteilt werden müssen. Als Instrument für den Vollzug von Bundesrecht kann sich der Nationale Adressdienst auf die bestehenden Kompetenznormen zur Erfüllung von Bundesaufgaben stützen, welche stets auch die Kompetenz enthalten, die erforderlichen Mittel zu beschaffen.
Wie ist der Stand (Juli 2024) des Adressdienstgesetzes?
10. Mai 2023: Der Bundesrat verabschiedet Botschaft und Bericht zum Adressdienstgesetz.
29. Februar 2024: Der Nationalrat beschliesst eine Rückweisung an den Bundesrat, unter anderem mit dem Auftrag, alternative Modelle zu prüfen, bei welchen die Kantone zuständig bleiben, oder eine neue Verfassungsgrundlage für eine Bundeskompetenz vorzuschlagen und die Umsetzung des «Once-only-Prinzips» sicherzustellen.
Aktuell liegt das Geschäft bei der staatspolitischen Kommission des Ständerats.