#03 Hat der Bund die Kompetenz zur Schaffung einer einheitlichen «E-Government-Landschaft» in der Schweiz?
Eine Kompetenz des Bundes, über alle Staatsebenen hinweg Vorgaben zu machen und eine Vereinheitlichung zu schaffen, würde die konkrete Umsetzung erleichtern. Die Umsetzung eines einheitlichen, durchgängigen und flächendeckenden Systems von E-Government-Leistungen ist umso komplexer und anspruchsvoller, je mehr staatliche Ebenen mit ihren eigenen autonomen Handlungsfeldern und Kompetenzen betroffen sind. Ein Beitrag von Timur Acemoglu.
Timur Acemoglu ist Rechtsanwalt und berät öffentliche Gemeinwesen in Fragen des E-Government-Rechts.
In internationalen Vergleichen zur Umsetzung von E-Government schneidet die Schweiz regelmässig nicht in den vorderen Rängen ab. Häufig wird zur Begründung dafür unter anderem die föderale Struktur angeführt, welche die Umsetzung erschwert.
Gut zu wissen
Mit dem Monitoring schafft die Digitale Verwaltung Schweiz einen Überblick über den E-Government-Fortschritt in der Schweiz und vergleicht diesen mit dem Ausland.
Bereits mit Bundesratsbeschluss vom 6. Juli 2011 (Umsetzung der Strategie des Bundesrates für eine Informationsgesellschaft: Sicherstellung der Rechtsgrundlagen) hat der Bundesrat das EJPD beauftragt, «die Frage der Rechtsgrundlagen einer IKT-Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Kantonen abzuklären und den Handlungsbedarf aufzuzeigen.»
Gemäss dem gestützt auf diesen Auftrag erstellen Gutachten des EJPD/Bundesamt für Justiz vom 22. Dezember 2011 hat der Bund keine allgemeine Kompetenzen,
«die es ihm erlauben würden, den Kantonen gegenüber generelle technische und organisatorische Vorgaben zu erlassen und durchzusetzen mit dem Ziel, eine einheitliche elektronische Verwaltungslandschaft zu schaffen, die in allen Bereichen der Verwaltungstätigkeit schweizweit nach den gleichen Regeln und Instrumenten funktionieren kann. Auch lässt sich eine solche allgemeine Kompetenz nicht aus den vereinten sektoriellen Kompetenzen des Bundes herleiten.
Der Bund verfügt hingegen in all denen Sachgebieten, in denen er über Rechtsetzungszuständigkeiten verfügt, die nicht auf den Erlass von Grundsätzen beschränkt sind, über die Kompetenz, verbindliche technische und organisatorische Vorgaben zu erlassen und durchzusetzen. Dies ist insbesondere im Bereich des Zivil- und Strafrechts der Fall, wo schon heute eine intensive Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen besteht. Der Bund könnte hier rechtlich gesehen grundsätzlich noch weitere Regulierungen vornehmen und technische und organisatorische Vorgaben machen. Dabei wäre stets im Einzelfall zu prüfen, ob dies mit den Grundsätze für die Ausübung von Bundeskompetenzen vereinbar wäre».
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Keine Bundeskompetenz, dafür Normen
Diese rechtliche Ausgangslage ist heute unverändert. Mit dem Bundesgesetz über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben (EMBAG) war vorgesehen, dass der Bund die Kompetenz erhält, Gemeinwesen und Organisationen, die Bundesrecht vollziehen, also auch den Kantonen und Gemeinden, Vorgaben zur Nutzung bestimmter Mittel der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT-Mittel) zu machen. Die entsprechenden Normen wurden jedoch im Laufe des Gesetzgebungsprozesses gestrichen.
Immerhin enthält das EMBAG jedoch Normen, welche es dem Bund erlauben, diesen Gemeinwesen IKT-Mittel zur Verfügung zu stellen, welche diese freiwillig nutzen können.