#06 Trägerschaften: So gelingt die gemeinsame Umsetzung von E-Government-Lösungen
Effizient, benutzerfreundlich und rationell: So sollen E-Government-Lösungen ausgestaltet sein. Eine gemeinsame Umsetzung durch verschiedene Gemeinwesen ist ein Gebot. Wie schafft man jedoch ein rechtsgenügliches Gefäss, welches diese Kooperation verkörpert? Ein Beitrag von Timur Acemoglu.
Timur Acemoglu ist Rechtsanwalt und berät öffentliche Gemeinwesen in Fragen des E-Government-Rechts.
Trägerschaft: Begriff, Grundlagen und Abgrenzungen
Jedes Vorhaben wird von bestimmten Personen, Organisationen oder Gemeinwesen beschlossen, finanziert und gelenkt. Die jeweils gewählte Form zur Wahrnehmung dieser Lenkungs- und Finanzierungsaufgaben wird üblicherweise als Trägerschaft für ein Vorhaben verstanden.
Eine Trägerschaft für ein bestimmtes Vorhaben oder eine Leistung kann durch eine bereits bestehende juristische Person oder Organisation übernommen werden. In aller Regel gründen die beteiligten Gemeinwesen und Organisationen jedoch eine spezifische juristische Person oder öffentlich-rechtliche Organisation als Träger/in des Vorhabens.
In der Praxis sind insbesondere öffentlich-rechtliche Vereinbarungen zwischen Trägern eines Vorhabens üblich, die in diesem Blog bereits thematisiert wurden.
Nicht notwendig ist, dass die Trägerschaft das Vorhaben selbst umsetzt bzw. selbst die charakteristische Leistung erbringt. Die vollständige Umsetzung bzw. Leistungserbringung kann an eine Drittperson/-organisation übertragen werden.
Organisation und Rechtsformen
Grundsätzlich kommt eine Vielzahl von Rechtsformen privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Art für Trägerschaften im E-Government-Bereich in Frage. Die Rechtsform einer Trägerschaft ist je nach der durch die Organisation zu übernehmenden Aufgabe, die beteiligten Gemeinwesen, die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen sowie die gewünschte Organisationsstruktur sowie die Formen und Funktionen der politischen Einflussnahme auszuwählen.
Dabei ist die unterschiedliche Natur des öffentlichen Rechts und des Privatrechts im Auge zu behalten. Staatliche Aufgabenerfüllung ist klassischerweise durch ein Unterordnungsverhältnis charakterisiert: der Staat bestimmt (allgemein oder in einem konkreten Einzelfall), und die Rechtsunterworfenen (Privaten) müssen sich an diese Vorgaben halten. Demgegenüber gründet das Privatrecht auf einer Gleichbehandlung aller Teilnehmer des Rechts- und Geschäftsverkehrs. Die privatrechtlichen Organisationsgefässe sind somit grundsätzlich nicht für die staatliche Aufgabenerfüllung geeignet bzw. geschaffen. Andererseits besteht teilweise das Bedürfnis, dass staatliche Stellen mit privaten Akteuren partnerschaftlich zusammenarbeiten. Für solche Zusammenarbeitsformen stehen grundsätzlich nur die privatrechtlichen Rechtsformen zur Verfügung.
Welche Organisationsform soll ich wählen?
Allgemein wird in der juristischen Lehre davon ausgegangen, dass
- eine öffentlich-rechtliche Organisationsform gewählt werden sollte, wenn die Tätigkeiten nach öffentlichem Recht erbracht werden sollen und der Staat eine ausschliessliche oder mehrheitliche Einflussnahme auf die Tätigkeit erhalten bzw. behalten soll
- eine privatrechtliche Organisationsform vor allem dort zu bevorzugen ist, wo der Staat sich aus einer Aufgabenerfüllung mindestens teilweise zurückziehen will oder eine verstärkte partnerschaftliche Zusammenarbeit mit privaten Akteuren vorgesehen ist, sowie wenn eine Tätigkeit am Markt mit und für Private angestrebt wird.
Regeln der Corporate Governance
Die Regeln der Corporate Governance legen Kriterien fest, wann Aufgaben sich zur Auslagerung an externe Einheiten (des öffentlichen Rechts oder des Privatrechts) eignen und wie diese externen Einheiten zu führen bzw. zu steuern sind.
Der Corporate Governance-Bericht des Bundesrates 2006 sowie die Erläuterungen der Eidg. Finanzverwaltung dazu bilden vor diesem Hintergrund wertvolle Richtlinien für die Organisation und Steuerung im Rahmen der Auslagerung von Aufgaben.